Sabathi

Wenn die Rebsorte in den Hintergrund tritt

 

Es ist abenteuerlich, welche Entwicklung der österreichische Weinbau in den letzten ein bis zwei Jahrzehnten durchgemacht hat. Ob es regionale Spezialitäten wie der Grüne Veltliner oder der Zweigelt sind oder internationale Rebsorten wie die Bordeauxsorten oder die des Burgunds, man ist in vielen Disziplinen Vorreiter. Eine solche Vorreiterrolle kommt dem österreichischem Sauvignon Blanc zu. Hier soll es um den 2014er Sauvignon Blanc Pössnitzberg (Große Steirische Klassik, 26,10 €) von Erwin Sabathi aus der Südsteiermark gehen. Ich weiß, manche werden „Kindermord!“ rufen – und im Prinzip haben sie recht, doch ich konnte mich enfach nicht gedulden, diesen Wein anzutesten und verbrachte fünf Stunden vor dem Dekanter – mit Erfolg: Meine Frau meinte, der Wein sei „mindestens zehn Jahre alt“. Es muss gleich von Anfang an gesagt werden, zu welcher Speise der Wein gereicht wurde und wie sehr – ich weiß: Eigenlob stinkt – er mit dem Essen harmonierte, ja zur Höchstform auflief: Es gab panierten weißen Spargel mit Spargelcreme und einer Trüffel-Whisky-Sauce und Rucola-Tomaten-Salat. Der Wein glänzte durch auffallend helles Gelb. In der Nase duftete er zuerst sehr versammelt nach Mineralität ohne Ende (heißer Stein), dann Brioche (was gut zu der Spargelpanade passte), gelbschaligem Apfel, Rucola (auch dies auf dem Teller), Löwenzahn, ganz dezent getupfte grünliche Noten, die gut zur leichten Bitterkeit des Spargels passten – diese Noten bleiben auch bei fortschreitender Zeit im Dekanter. Im Mund offenbart sich ein rasselndes Säurespiel. Von der Rebsorte ist nichts zu spüren, allenfalls die Schale grüner Stachelbeeren kann man wahrnehmen. So ist es bei allen großen Weinen: Die Rebsorte tritt in den Hintergrund, um Platz für das Terroir zu schaffen. Dann kommen überraschenderweise auch Fruchtnoten: Pfirsich, mit der Zeit auch etwas angegoren (was an Riesling denken lässt, da auch eine leichte Petroligkeit spürbar ist) sowie etwas Banane. Dann nehmen die Kräuteraromen wieder zu: Beifuß, Bockshornklee, Zitronenbasilikum, schließlich noch etwas Orangenabrieb. In Verbindung mit der Sauce kommen nun leicht rauchig-pilzige Noten zum Vorschein. Ist das alles nur Einbildung, oder spiegeln sich Speise und Wein wirklich so wider, bedingen einander, ergänzen sich? Der Nachhall ist extrem lang, der Wein bleibt bei allem Dekantieren monolithisch, franst nie aus, bleibt immer groß und elegant. Daran sollten sich deutsche Sauvignons Blancs messen lassen!