Heger

So gut wie noch nie

 

Wie jedes Jahr Anfang September veranstaltete Joachim Heger (Ihringen/Kaiserstuhl) sein fast schon legendäres Hoffest. Ich bin gleich bei den höherwertigen Weinen (ab Erste Lage) eingestiegen, da bietet Heger eine enorme Breite.

 

 

 

Beginnen wir mit den Weißweinen; sofern nicht anders vermerkt, handelt es sich um den Jahrgang 2017. Zuerst die Rieslinge – eine verkannte Disziplin in Südbaden: Der 2016er Erste Lage Ihringer Winklerberg (17,50 €) ist stahlig, zeigt viel Zitrus, ja ähnelt sehr den Rieslingen von Frey. Der gleiche Wein aus 2017 (17,50 €) ist noch säurelastiger, dabei trotzdem tief. Das GG vom Achkarrer Schlossberg (28 €) ist sehr tief, mineralisch bei nur wenig Frucht; er steht noch ganz am Anfang, könnte vielleicht noch mehr zeigen. Ihringen ist – unbekannterweise – Silvanerhochburg: Die Erste Lage vom Ihringer Winklerberg (10,80 €) dieser Sorte besticht durch ganz leichte Bananenoten, ist Mineralität pur, strotzt nur so vor Säure. Der Silvaner *** „Pferd Willi“ (21,50 €, nach dem Pferd, das die Weinberge pflügt) wird selten gezeigt, umso froher war ich, einen herrlich burgundischen Wein verkosten zu dürfen, er ist noch mineralischer als sein Vorgänger, verzaubert einen durch den verträumten Holzeinsatz und die leichte Extraktsüße. Dann die Weißburgunder – da geht Heger voll auf: Die Erste Lage vom Ihringer Winklerberg (17,40 €) ist kräutrig, stahlig, sortentypisch, doch Frey bietet da für weniger Geld mehr. Der 2016er GG „Gras im Ofen“ (32,50 €) ist ebenfalls stahlig pur, fast nur Stein offenbart sich, der Wein ist sehr kräutrig, sehr eigen, glänzt durch pure Definition – kaum vorstellbar, dass Weißburgunder besser sein könnte... Der Vordere Winklerberg GG (28 €) ist noch sehr verschlossen, nur stahlig mit einem Hauch feiner Mirabelle. Sehr ähnlich dazu ist der GG „Rappenecker“ (28 €), nur noch stahliger, insgesamt trotzdem sehr fein, im Mund dann noch länger. Vom meisterhaften Holzeinsatz profitiert der Achkarrer Schlossberg GG (28 €), auch er mit feiner Mirabelle auftrumpfend, zeigt herrliche Vanilletöne und eine tolle Burgunderaffinität. Mir persönlich schmecken Hegers Grauburgunder noch besser: Die Erste Lage vom Ihringer Winklerberg (17,40 €) überrascht durch tolle Frische, hat einen leichten Hang zur Opulenz, dabei viel Charakter. Der 2016er „Gras im Ofen“ (32,50 €) zeigt ganz leichtes Holz, Mirabelle pur, lässt mich erstaunen durch seine gezügelte Art, ist komplex, bei gebirgsbachklarem Aufbau, gekonntem Barriqueeinsatz – für mich ein Wein für die nächsten zwanzig Jahre! Der Vordere Winklerberg GG (28 €) ist sehr mineralisch, sticht heraus mit schöner feiner Frucht und leichten Aschetönen. Der Achkarrer Schlossberg GG (28 €) ist ein absoluter Spitzenwein, zeigt im Vergleich zu den vorherigen Weinen erstaunlich wenig Holz – oder sagen wir besser: er schluckt das Holz mühelos – dabei ist er mit feiner Mineralität gesegnet, insgesamt kann man ihn als sehr fein bezeichnen. Dann kamen zwei Chardonnays: Der Ihringer Winklerberg Erste Lage (21,50 €) zeigt sensationelle Frische, Minze und Limette kommen durch, ein sehr eigener Wein, bei dem das Barrique nur angedeutet ist. Einen tollen Schlusspunkt setzt der 2016er „Gras im Ofen“ (32,50 €): Er tritt auf mit genialem Ausdruck, hier scheint pures Burgund durch, feine Ananas, ein enorm vielschichtiger Wein – für mich Hegers bester Weißwein, auch international absolut konkurrenzfähig! Für sich alleinstehend war einer der wenigen Toprosés auf dieser Welt: Der Spätburgunder Rosé Fumé (14,60 €) mit interessanter Himbeeraromatik, Barrique in Dritt- bis Viertbelegung, sehr eigen, schön frisch, mit begeisternden Noten aus dem biologischen Säureabbau.

 

 

 

Machen wir weiter mit den Spätburgundern: Der 2014er Mimus (26 €) überzeugt mit viel Kirsche, ja Kirschlikör, Vanille, auch ein Tick Amarenakirsche mit einer leicht mentholigen Note. Die 2015er Ausführung (26 €) ist erdiger, hat mehr Heidelbeere, weniger Kirsche und eine schöne Mineralität. Der neueste Jahrgang 2016 ist von Johannisbeere geprägt, tief, mineralisch mit schöner Kräutrigkeit, einfach delikat und finessenreich, irre, was dieser Jahrgang hergibt, der Mimus steht in dieser Form den Großen Gewächsen kaum nach. Zum Ersten Gewächs erhoben wurde der 2016er Breisacher Eckartsberg (26 €), welcher überraschend mineralisch ausfällt, von feiner Spielart ist, mit etwas mehr Druck als die vorhergehenden Weine. Dann die Phalanx der GGs (jeweils 50 €): Der 2014er Vordere Winklerberg ist mineralisch, bizarrerweise zitronig, überraschend gut, hier leuchtet das Burgund durch, es ist dies ein Wein, der Herkunft zeigt. Der gleiche Wein aus 2015 ist rußig, geht in die Richtung von Julian Huber, ist trotzdem fein und eigen. Der 2015er Rappenecker duftet bizarr nach Rose, es handelt sich um sehr feinen Stoff, dahingegen ist der 2016er reif, trotzdem frisch, zeigt Vanille und Finesse, ja ist überaus geschmeidig. Wiederum sehr Richtung Huber geht der 2016er Achkarrer Schlossberg, überzeugt mit tiefer Kirschfrucht und viel Säure. Mitte der 1950er Jahre wurden die Reben des Häuslebodens gepflanzt, ein Wein, der mit einem lächerlichen Ertrag von 25 hl/ha geerntet wird und dessen 2016er Version (78,50 €) gezeigt wurde: Dieser ist geprägt von Mineralität und Kaffeenoten, ist weichfruchtig, einfach ein toller Wein. Dankbar muss man Joachim Heger für die folgenden zwei Raritäten sein: Die 2005er Ihringer Winklerberg Spätlese trocken (38 €) zeigt Hagebutte und Erdbeere sowie Himbeere, ist buttrig, mit den Sojasaucenoten gealterter Pinots versehen, leichter Kaffee scheint durch, was für ein edler Stoff! Noch weiter in die Vergangenheit entführt uns die 1997er Ihringer Winklerberg Auslese trocken (50 €): Von ziegelroter Farbe, ist er grandios gealtert, bringt Noten von Baumharz mit, hat einen feinen Abgang.

 

 

 

Insgesamt zeigt Joachim Heger, wie differenziert man das Thema Terroir herausarbeiten kann – weiß noch etwas mehr als rot, in einer Intensität, die seinesgleichen sucht.