Baden gegen Burgund

Original & Fälschung

 

 

In der folgenden Probe wurden immer ein Wein aus Baden und einer aus Burgund blind zusammen verkostet:
Bei dem 2004er Crémant de Bourgogne Blanc de Blancs extra brut von Louis Picamelot (15,60 €) war ich mir sicher: Dies muss eine deutsche Fehlinterpretation des Champagnerthemas sein, so langweilig und überhaupt nicht besonders, ganz auf Spritzigkeit getrimmt war dieser Wein; doch der schlanke, körnige Stil hat sicher Liebhaber... Dagegen punktete der 2004er Chardonnay brut nature Sélection Drexler von Reinecker (18 €) mit zartem Brioche, nussigen Noten, wirkte leicht rustikal, war langanhaltend - ganz im Stile eines Deutz.
Im zweiten Paar wurde ein Wein mit spürbarem Stallgeruch, interessanter Mineralität vorgestellt, so dass ich blind auf einen St. Aubin getippt hätte. Vielleicht könnte die Säure etwas prononcierter sein, auch kam das Holz langsam durch, doch war dies ein Wein, der lange haften blieb. Zu meiner Überraschung handelte es sich um einen 2014er Steingrüble Gutedel von Ziereisen (12,80 €) - den hätte man erkennen können, eigentlich müssen... Der Wein aus dem Burgund war ein 2014er Aligoté Vieilles Vignes von Bruno Clavelier (15,40 €), einer Rebsorte auf dem Rückzug, doch überzeugte er mit schöner Ananas, tollen Wachsnoten, einer schönen Zitronigkeit, Maracuja und Bratapfel kommen durch, fast etwas Eistee, aber trotzdem fein bleibend, der Wein entwickelt sich, auch wenn sich zum Schluss leichte Klebstoffnoten andeuten.
Beim dritten Paar hatte ich einen Durchhänger; ich fand die beiden Weine nicht überzeugend, ziemlich indifferent. Der 2016er Domaine de la Soufrandière (27 €) zeigte Noten von Milchreis, kam sehr zitronig herüber, leicht mostig, aber auch kräutrig, insofern eher Burgund. Der 2016er Achkarrer Schlossberg Grauburgunder von Dr. Heger (28 €) war sehr vom Holz dominiert, hätte also auch ein junger Burgunder sein können. Auch hier hatte ich mir eingebildet, den Hegerwein hätte erkennen zu müssen.
Nun gab es Rotweine: Der 2014er Bourgogne rouge von Pierre Morey (12,60 €) bestach durch seine schöne Rauchigkeit, war puristisch, von Sauerkirsche geprägt. Wurde dieser Wein auf den Rappen vergoren? Man könnte es dank seiner präsenten Säure und seiner Pikanz durchaus glauben - das ist nun durch und durch Burgund - oder doch Holger Koch? Allerdings muss man dagegen halten, dass der Wein mit der Zeit etwas verliert. Demgegenüber wurde ein 2014er Spätburgunder von Vorgrimmler gestellt (14,50 €), der mehr Vanille zeigte, Amarenakirsche, ja duftig herüber kam, ebenfalls von der Säure geprägt, das Holz war leicht übertrieben, die Veilchennoten ließen mich einen Volnay vermuten, auch wurde der Wein mit der Zeit immer komplexer.
Das letzte Paar hatte es in sich: Es waren beides 2001er, also schön gereift - doch das Alter hätte ich nicht erraten können, ich hätte auf jüngere Weine getippt. Der Duijn Spätburgunder (27 €, heute Jannin) zeigte perfekte Pinotreife, verbranntes Fleisch, Wildbret, verfügte über tolle Säure. Der Chassagne-Montrachet Les Macherelles von Jean-Marc Pillot (32 €) bewies, dass im Weißweinland Côte de Beaune auch schöne Rotweine gedeihen: Er duftete intensiv nach Brombeere, auch leichtes Cassis konnte man vernehmen sowie Johannisbeerrispen, die Gerbstoffe waren weich, der Wein verfügte über unheimliche Tiefe, zeigte am Ende etwas Sojasauce, präsentierte sich überaus duftig. Beide Weine hätte ich im Burgund verortet, sie interpretieren sich gegenseitig - ganz großes Rotweinkino!
Die Probe hat uns gezeigt, dass es auf beiden Seiten des Rheins herrliche Weine mit gutem Preis-Leistungs-Verhältnis gibt, die stilistisch ineinander übergehen.