Camou y Camou

Chablis aus Mexiko

 

Es gibt Weine, die einen ohne Vorwahnung übermannen. Zu so einer Zunft gehört der 2009er Chardonnay vom Weingut Camou y Camou aus Baja California, Mexiko. Der Wein kleidet sich in ein schönes Goldgelb. Zuerst ist er sehr tertiärlastig, kommt ganz ohne Frucht aus: Mandel, Haselnuss, Walnuss, Macadamia, immer sehr fein bleibend. Es türmen sich Massen an Gestein auf (weißer heller Stein, leicht rauchig, passt zu Scamorza). Dann kommen Heu, kandierte Zitrone, kandierte Melone, im Mund dann erstaunliche Bitterstoffe, diese passen zu Naseneindrücken von Zitronenschale, Bitterorange, Schale von Grapefruit, Traube, Aprikose und von Mirabelle. Für einen Moment wird der Wein einen Tick exotisch nach Mango und Bananenschale. An einen gereiften Chablis Grand Cru erinnern die Aromen von Haselnussnugat, Mokka, Milchschokolade sowie Espressobitterstoffe. Die Bitterkeit wird gemildert durch ausdrucksstarken Ziegenkäse. Plötzlich treten grüne Stauden hervor, doch die Kaffee- und Röstaromen dominieren. Später kommen Honig und Quitte hervor, auch Baumharz. Der Wein verfügt für einen aus der Neuen Welt über beeindruckende Eigenständigkeit, zum Schluss kommt sogar etwas Juratypizität auf, Aprikosenkerne kann man vernehmen. In seiner kompromisslosen Mineralität, Reinheit und Tiefe fühle ich mich an einen weißen Hermitage erinnert. Wir haben es mit einem Meditationswein par excellence zu tun, der immer wieder changiert – so macht gereifter Weißwein Spaß.